Was unterscheidet Studienabbrecher von anderen Studierenden?
Neben den für ein Studium wichtigen fachlichen Fähigkeiten sollten die angehenden Studierenden aus Sicht von Lehrenden unabhängig von deren Fächerwahl folgende Fähigkeiten mitbringen: Abstraktes, logisches, analytisches Denkvermögen, selbstständiges, selbstorganisiertes und diszipliniertes Lernen und Arbeiten und Lernbereitschaft bzw. Einsatz- und Leistungsbereitschaft.
Fast zwei Drittel aller Studienabbrüche erfolgen in den ersten zwei Semestern, was daran liegt, dass die StudentInnen eine neue Welt kennenlernen, teilweise weit weg von Familie und Freunden und neue Strukturen kennenlernen müssen. Der Studieneinstieg ist nicht einfach, denn viele stellen sich ihr Studium nach der Schule ganz anders vor und merken schnell, dass sie sich getäuscht haben. Hinzu kommt aktuell, dass der Druck durch die Umstellung auf die Bachelorstudiengänge kontinuierlich zunimmt. Die StudentInnen verspüren durch die Reorganisation der Studienpläne den Druck, dass alles sofort laufen muss und die Noten stimmen müssen, da sie alle zählen. Hinzu kommt die Angst vor Prüfungen aber auch private Hintergründe, also Druck, der sowohl von außen wie innen kommt. Gut die Hälfte aller Studierenden sind sehr stark durch Lern- und Leistungsdruck belastet, haben Existenzängste oder sind sogar depressiv, wobei bei den Erstsemestrigen hinzukommt, dass sie sich oft isoliert fühlen.
Eine Studie von Schiefele, Streblow & Brinkmann (2007) beschäftigte sich mit dem Thema Studienabbruch und im Speziellen mit den Bedingungsfaktoren, durch welche dieser gekennzeichnet ist. Als StudienabbrecherInnen werden dabei jene StudentInnen bezeichnet, die ihr Studium vor Abschluss abgebrochen haben und auch nicht beabsichtigten dieses an einer anderen universitären Einrichtung fortzuführen. Weiters wird zwischen FrühabbrecherInnen und SpätabbrecherInnen differenziert. FrühabbrecherInnen sind Personen die ihr Studium im ersten oder zweiten Semester abgebrochen haben. Im Gegensatz dazu erfolgt der Studienabbruch bei SpätabbrecherInnen erst im dritten Semester oder zu einem späteren Zeitpunkt.
Es wurde zunächst von der Annahme ausgegangen, dass sich StudienabbrecherInnen von Weiterstudierenden zum Abbruchszeitpunkt in allen untersuchten Merkmalen signifikant unterscheiden und vermutet, dass zwischen Früh- und SpätabbrecherInnen bei den untersuchten Merkmalen kaum nennenswerte Unterschiede bestehen Methodische Umsetzung. Die Studie unterschied sich von bisherigen Erhebungen, dass die Bedingungsfaktoren des Studienabbruchs sehr viel differenzierter analysiert wurden und dass auch hinsichtlich des Zeitpunktes, zu dem das Studium abgebrochen wurde, unterschieden wurde. Die Längsschnittstudie wurde an einer deutschen Universität über einen Zeitraum von sechs Jahren mit Studierenden verschiedener Fachrichtungen durchgeführt.
Folgende Aspekte wurden mittels Fragebogen erhoben: Soziodemografische Merkmale (z.B. berufliches Ausbildung, Art der Finanzierung des Studiums), schulische Leistungen und Selbsteinschätzung über studienbezogene Fertigkeiten, motivationale Aspekte (z.B. Lernmotivation, Berufsziele), Selbstkonzept, Lernstrategien, soziale Kompetenz (soziale Integration und Ängstlichkeit), Beurteilung der Lehrqualität sowie epistemologische Überzeugungen (z.B. Eindeutigkeit der Wissensvermittlung)
Die Auswertung ergab, dass sich StudienabbrecherInnen zwar durch Merkmale wie geringes Studieninteresse, Zuschreibung von niedrigen Fachkenntnissen, negative Wahrnehmung der Lehrqualität oder auffallend hohe Demotivation signifikant von der Vergleichsgruppe der Weiterstudierenden abheben, es jedoch auch Merkmale gab, bei denen sich StudienabbrecherInnen nicht signifikant von regulären Studierenden unterscheiden. Zu Studienbeginn gibt es kaum Unterschiede im Bereich der sozialen Kompetenz, bei finanziellen Bedingungen, Selbstkonzeptmerkmalen oder epistemologischen Überzeugungen Vor allem bei motivationalen Aspekten fällt auf, dass der Unterschied bei Spätabbrechern zu Weiterstudierenden noch wesentlich stärker ausgeprägt ist als bei Frühabbrechern. Auch die Beurteilung der Lehrqualität sowie die Einschätzung über eigene Kenntnisse fällt umso schlechter aus, je später das Studium abgebrochen wurde.
Zusammengefasst: StudienabbrecherInnen unterscheiden sich von Weiterstudierenden vor allem in den Bereichen Studienmotivation, Lernstrategien, Selbsteinschätzung von eigenen Kompetenzen sowie bei der Bewertung der Lehrqualität, wobei diese Unterschiede umso signifikanter sind, je später das Studium abgebrochen wird.
Um die Zahl der StudienabbrecherInnen zu vermindern, könnte eine gezielte Studienberatung Betroffenen helfen, Studienentscheidungen fundierter zu treffen und mögliche Studienwechsel einfacher zu gestalten. Das Beratungskonzept von Brandstätter, Grillich und Farthofer (2002) umfasst beispielsweise Befragungen bezüglich Motivation und Persönlichkeit sowie Tests über die fachliche Leistungsfähigkeit. Auch studienbegleitende Maßnahmen wären sinnvoll, um negative Entwicklungen bereits im Anfangsstadium zu erkennen.
Siehe auch Prognose des Studienabbruchs
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Motivationsprobleme bei StudentInnen - welche Motive sind besonders wichtig - Ursachen für Studienabbruch |
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